Bearbeitungsstand: 23.11.2009
Zurück zur Startseite

Zeitungsartikel (Nordsee-Zeitung) vom Montag, 19.12.1966 zur Kirchenweihe der Kirche:


Kirchenweihe durch Landesbischof Lilje:

Jetzt rufen die eigenen Glocken

Neues Gemeindezentrum für drei Orte - Noch keine Pfarrstelle - Bischof Ansgar geweiht - Kleinere Kirchengemeinden angestrebt

reso. Freschluneberg. Am Vortag des letzten Advents fand in der neuen Kirche der erste Gottesdienst statt. Bis auf den letzten Platz und Winkel füllten Besucher der drei Gemeinden Freschluneberg, Westerbeverstedt und Hollen das Gotteshaus, als Landesbischof D. Dr. Lilje auf der soeben geweihten Kanzel die erste Predigt des Evangeliums an dieser Stelle ausrichtete. Die St.-Ansgari-Kirche steht an einer Stelle, an der es nie zuvor ein Gotteshaus gegeben hat. Ihr Turm reckt sich weit in die Landschaft, ein neues und bedeutungsvolles Wahrzeichen nicht nur für die eine Gemeinde. Zum ersten Male fand damit seit sieben Jahrzehnten wieder die Einweihung einer evangelischen Kirche im Landkreis Wesermünde statt. Als letztes Ereignis dieser Art nennt die Chronik Hagen das Jahr 1897.

Einweihungsfoto
(Landesbischof D. Dr. Lilje (rechts) empfängt von Pastor Schomerus den Schlüssel für die neue Kirche in Freschluneberg. Am Sonnabend wurde die Tür für den ersten und Weihegottesdienst aufgeschlossen. In der Mitte Pastor Haar, der die Gemeinde betreut
Foto: Zeitungsausschnitt in der Chronik von Freschluneberg)



Die Grundsteinlegung erfolgte am 1. Mai 1965, bereits am 22. Oktober konnte das Richtfest gefeiert werden. Heute, da das Werk vollendet ist, sieht der Vorübergehende, daß der Leitgedanke von Architekt Westphal, Bremerhaven, Wirklichkeit geworden ist. Das Gemeindezentrum paßt sich städtebaulich und gestalterisch in das Ortsbild ein. Der Kirchplatz bildet den Eingangshof zur Kirche, der von den Gebäuden des Zentrums umschlossen ist. Die Kirche hat 210 feste Sitzplätze, 30 Chorplätze und ist um 50 Sitzplätze, die in der Vorhalle aufgestellt werden können, erweiterbar. Eine Holz-Glas-Wand trennt die Vorhalle vom Kirchenschiff. Die Innenwände sind aus Sichtmauerwerk gestaltet, den Fußboden bedeckt heller Kieswaschbeton. Lärchenholzverschalung verleiht der durchlaufenden Decke ihr charakteristisches Gepräge.

An der Südseite des Altarraumes ist in einer Größe von rund vier mal sechs Metern ein von Hagen Westphal gestaltetes Betonglasfenster eingesetzt, dessen Gläser - violett und orange, weiß als Lichtfläche - in farblichem Einklang mit den verwendeten Baumaterialien steht.

Der aus hellem Waschbeton erstellte, freistehende Glockenturm präsentiert sich durch seine Zuordnung zum Straßenraum als ein nach allen Seiten hin sichtbarer Markstein der Anlage. Mit ihm entstand gleichsam Dorfmittelpunkt und Denkmalsplatz. Es mutet fast wie ein kleines Wunder an, daß die vier Glocken am Tag der Einweihung bereits läuten konnten. Denn hätte die Gemeinde nicht innerhalb von fünf Monaten 17000 DM für ihre Glocken gespendet, so könnte sie sich heute noch nicht über den Klang des Geläutes, dessen Kostenvoranschlag sich auf gut 25000 DM geläuft, freuen.

Die größte der vier ist die Ansgarglocke mit 740 kg Gewicht, es folgt die Gedenkglocke für die Toten der beiden Weltkriege (520 kg), dann die Trauglocke (180 kg), und die kleinste ist die Taufglocke (110 kg).

Als im vorigen Jahr des 1100. Todesjahres von Bischof Ansgar gedacht wurde, da legte man in Freschluneberg den Grundstein zur neuen Kirche. So trägt sie also den Namen dieses Mannes, der mit den geschichtlich faßbaren Anfängen der Dörfer des heutigen Landkreises verbunden ist und einer der bedeutendsten Verkünder des Evangeliums von Jesus Christus im ganzen Norden Deutschlands und weit darüber hinaus gewesen ist.

Bis die Bemühungen, für Freschluneberg eine Pfarrstelle zu errichten, Erfolg haben, wird Pastor Ulrich Haar die Gemeinde seelsorgerisch betreuen.

Im Anschluß an den Festgottesdienst, der seine feierliche Umrahmung durch das Mitwirken des Singkreises und des Posaunenchores erhielt, und in dessen Verlauf Landessuperintendent Hoyer im Namen aller Gemeinden des Sprengels Stade ein Grußwort überbrachte, fanden sich Geistliche und Kirchenvorstände bei einer Kaffeetafel zusammen. Die starke Bedeutung, die die Kreisverwaltung dem neuerstellten Gemeindezentrum entgegenbringt, fand ihren sichtbaren Ausdruck durch die Anwesenheit von Oberkreisdirektor Klemeyer und Landrat Döscher.

Pastor Schomerus überbrachte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kirchenvorstandes die Grüße des Bauherrn. Für die drei Gemeinden sei dieser Tag vor dem 4. Advent ein einmaliger und freuderfüllter Tag, denn zum erstenmal hätten sie eine eigene Kirche erhalten.

Superintendent Schröder, Loxstedt, übermittelte Grüße und Glückwünsche des Kirchenvorstandes sowie der Amtsbrüder aus dem Südkreis. Dieser Neubau in Freschluneberg beweise, so meinte Schröder, daß auch heute noch das Bedürfnis und damit die Notwendigkeit, neue Kirchen zu errichten, bestünde. Als Zeichen der Verbundenheit des Kirchenkreises Süd mit den Mitgliedern in Freschluneberg solle das von Peter Oelerich geschaffene Abendmahlsgerät gesehen werden, das die Gemeinden und Pastoren des Südkreises der St.-Ansgari-Kirche zum Geschenk gemacht hätten.

Landrat Döscher apellierte an die Gemeindemitglieder, die neue Kirche auch aufzusuchen. Wir sollten froh sein, so meinte Döscher, daß es der Kirchenverwaltung finanziell möglich sei, die Kirchengemeinden kleiner und damit übersichtlicher zu gestalten.

Durch diese Aufteilung würden sich zwar Veränderungen ergeben, wie eben hier in Freschluneberg, und nicht immer seien die betroffenen Einwohner damit einverstanden, aber nur durch Verkleinerung sei heute eine intensive und bessere Seelsorge möglich.

Wie in fast allen an diesem Tag vorgebrachten Ansprachen und Grußworten klangen auch bei Landesbischof Lilje der Wunsch und die Hoffnung durch, daß die St.-Ansgari-Kirche zu einem wirklichen Zentrum der Gemeinde werden möge. Mit ihrer Einweihung sei ein wichtiger Schritt für das Gemeinwesen getan worden. Lilje nannte die Kirche ein Stück sakrale, geheiligte Schönheit, die das gesamte bisherige Ortsbild verändert habe. in Anwendung des biblischen Zitates "Suchet der Stadt Bestes" meinte der Landesbischof, das Beste, was einem Ort widerfahren könne, sei, eine Stätte der Verkündigung zu erhalten. In Freschluneberg sei das geschehen.

aus der Freschluneberger Chronik, S. 119
Zurück zur Startseite