Zusammengestellt vom Ortsheimatpfleger Arnold Plesse.
Bearbeitungsstand: 08.11.2008
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Am 9. Mai 2003 zieht Steffen Müller mit seinem Kuhstall um:



Was wird aus dem traditionsreichen Gut Freschluneberg?

Hof Müller 2003

Georg Müller auf seinem Hof [2003] (Foto: Plesse)
Ende Februar an einem sonnigen Tag wurde dieses Foto in bewußter Anlehnung an ein Foto aus dem Jahre 1899 aufgenommen.


Steffen Müller siedelt mit seinem Hof vom Gut Freschluneberg aus. Der Ururgroßvater kaufte am 1. September 1847 das Anwesen. Die Familie war seit mindestens 1600 an der Wassermühle in Fischerhude ansässig.
Die Namen der Gutsbesitzer von Freschluneberg sind seit 300 Jahren bekannt. Es lebten hier der Reihe nach: H. v. Kroogh von 1706 - 1742, Major v.d. Wisch 1742 - 1834 und v. Rettberg (Pächter Roes) 1834 - 1847.
Johann Friedrich Müller besuchte einige Jahre eine private Internatsschule auf Gut Clüversbostel bei Sottrum. 1847 kauften ihm dann seine vermögenden Eltern das Gut Freschluneberg mit einem der größten Niedersachsenhäuser der Provinz Hannover. Am 1. Mai 1864 konnte er von Claus Döscher dessen Hof in Deelbrügge mit der Wassermühle kaufen und 1882 seinem ältesten Sohn übergeben. Am 3. März 1885 starb er und Freschluneberg kam an Georg, seinen Zweitgeborenen. 3 Jahre später übernahm der auch das Erbe in Fischerhude. Das brachte kein Glück und musste 1919 verkauft werden.
Am 17. Juli 1895 brannte das Haus in Freschluneberg ab. Am 17. Oktober wurde der Grundstein gelegt und am 23. November konnte das Haus neu gerichtet und vor Einbruch des Winters mit Schieferdach gedeckt werden. 1922 starb Georg Müller, der mit Mathilde aus dem Jeverland verheiratet war. Bis zur Volljährigkeit des erst 18-jährigen Hoferben Heinz Müller übernahm dessen Onkel Heinrich, dem Wachholz gehörte, die Betriebsleitung. 1962 trat Georg Müller mit seiner Frau Tilly geb. Lührs aus Loxstedt auf dem traditionsreichen Hof an. Er spezialisierte sich auf Milchviehhaltung.

Georg Müller mit seinen Kühen

Georg Müller mit seinen "Damen" - so nannte er seine Kühe. [2003] (Foto: Plesse)
Im Mai 2003 siedelte Steffen Müller mit seinem Kuhstall aus. Ende Februar an einem sonnigen Tag wurde dieses Foto aufgenommen, als die Kühe noch im alten Stall waren.

Seit 1989 bewirtschaftet sein Sohn Steffen mit seiner Frau Sonja, geb. Thormann den Hof und siedelt nun aus.
Neuer Stall
Der neue Kuhstall von der "Rauhen Stätte" her gesehen. [Foto 2003, Plesse]
agp/6.7.03


Der neue "Multi-Kulti-Stall" wird bezogen

Tiere kommen in den neuen Stall
Am 9. Mai 2003 kommen die Tiere in den neuen Stall. [Foto Plesse]


130 Tiere sind umgezogen - das Gut Freschluneberg hat keine Kühe mehr auf dem Hof.
alter Hof ohne Kühe
Die letzte Fuhre mit Tieren verläßt den Hof. [Foto Plesse]

Sie sind jetzt im neu erbauten Stall zu finden. Solch ein Neubau hat Seltenheitswert: Die Fördermittel werden knapper.
im neuen Stall
[Foto Plesse]

Steffen Müller und seine Frau Sonja haben den neuen Stall mit Auslauf im Außenbereich gebaut. Sie hatten Glück: Weil sie schon mit dem Bau begonnen hatten, wurde ihr Stall weiter gefördert. Andere Anträge wurden auf Eis gelegt, als das Hochwasser an Elbe und Mulde Gelder verschlang. 100 Kühe und 30 Kälber sind im Neubau untergebracht. Die Tiere werden artgerecht gehalten: Jedes Tier hat seinen eigenen Fress- und Liegeplatz. Das ist wichtig, damit alle Tiere jedes Futter bekommen. Es könnte sonst sein, dass das erste Tier den zu oberst liegenden Mais frisst und für das nächste Tier am selben Platz nur noch das Silofutter da ist. Gefüttert wird mit Mais, Silo, Melasse, Getreide und Raps sowie einer Flüssigkeit mit Mikroorganismen aus dem Futtermischwagen, der in den Stall fährt. Die Kühe bekommen unterschiedliches Futter. Der Stall ist in zwei Abteilungen abgegrenzt, wo die Tiere je nach Bedürfnis unterschiedlich gemischten Futtermix erhalten. Die Kühe haben eine Ohrmarke, damit der Computer sie erkennt. Dann bekommen sie das von Müller vorher entsprechend der Milchkontrolle berechnete Kraftfutter während des Melkens zuteilt.
Bislang haben Müllers zu zweit drei Stunden gemolken. Ursprünglich wollten sie doppelt so viele Melkgeschirre einbauen, damit die Arbeit schneller geht. Dann bekam Müller in Holland einen Stall zu Gesicht, und er warf die ganze Planung über den Haufen: das Melkhaus musste 9 m länger werden - also ein neuer Bauantrag. Die neue "Swing over"-Melkanlage von Darrymaster ist in Irland entwickelt worden. Melkgeschirre für 20 Kühe hängen am Schwenkkran unter der Decke. In zwei Reihen links und rechts dieses Kranes werden jeweils 20 Kühe in genauem Winkel aufgereiht. Während die Kühe auf der einen Seite für das Melken vorbereitet werden, hängt an den Eutern der Tiere auf der anderen Seite die Melkmaschine. - Der Effekt: Mit dieser Anlage hat der holländische Bauer in knapp einer Stunde allein 136 Kühe gemolken.
Sonja Müller spricht von einem "Multi-Kulti"-Stall. Das Material für die Melkanlage kommt aus Irland, zusammengebaut wird es von Holländern. Die Stahlhalle ist von Wulff-System-Bau aus Bayern erstellt worden. Der Star dieser Firma war "Alexander", ein bayerisch sprechender Deutschrusse. Natürlich haben auch einheimische Firmen mitgebaut. Aber da Müller mit Fördermitteln baute, musste jedes Gewerk ausgeschrieben werden. Normalerweise kommt der billigste Anbieter zum Zug. Der ganze Stall kostete knapp 700.000 Euro.
Die Tiere liegen in Tiefstreuboxen. Täglich müssen diese mit Stroh, Heu und Sägespänen nachgefüllt werden, damit Euter und Füße der Kühe trocken sind. Bei der guten Pflege rechnen Müllers mit täglich 2.500 Liter Milch.
agp/6.7.03