Zusammengestellt vom Ortsheimatpfleger Arnold Plesse.
Bearbeitungsstand: 14.02.2010
Zurück zur Startseite



Friedensfeste / Friedensinitiative (FILU) in Lunestedt


Plakat82
Quelle: Plakate der Friedensfeste bei Werner Bippus



Über die Entstehung der Friedensinitiative Lunestedt heißt es in der Ankündigung des 7. Friedensfestes am 28.8.1988:

Die FI Lunestedt hat sich 1981 gegründet. Das Bündnis besteht aus Parteilosen, Kommunisten, Sozialdemokraten und Grünen. Die FI leistet seit 8 Jahren eine kontinuierliche Arbeit und trifft sich regelmäßig alle 2 Wochen an einem Montag. Neben Abendveranstaltungen und Wochenendveranstaltungen organisiert die FI für eine breitere Öffentlichkeitsarbeit jedes Jahr ein großes Friedensfest. Bei den letzten 6 Friedensfesten sind immer um die 2000 Besucher pro Fest anwesend gewesen. Die politischen Schwerpunkte waren bisher folgende Themenkomplexe:

Die Gefahr von eskalierender Rüstung. Die Pläne zum Sieg im Atomkrieg. Die ökologische Zerstörung. Die Ausplünderung der "Dritten Welt" über Hunger, Armut, Krankheit und Unterentwicklung.
Quelle: privat/a




Die Nordsee-Zeitung kündigte am 3. September 1982 an:

Podiumsdiskussion zum Doppelbeschluß

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Im Rahmen des Friedensfestes am 4. und 5. September in Lunestedt findet am Sonnabend um 17 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema "Nato-Doppelbeschluß - Gefahr für den Frieden" statt. Auf dieser Diskussionsveranstaltung werden sich Vertreter der Parteien, der Kirche und der Friedensbewegung zur geplanten Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in unserem Land äußern und sich den Fragen des Publikums stellen. Ihre Teilnahme haben zugesagt: Karl Arnold Eickmeyer (SPD, Mitglied des Bundestages), Dieter Rohloff (Grünen, Mitglied des Landtages), Frank Behrens (DKP), Pastor Kramer aus Lunestedt und Dr. med. W. Trescher (Arzt im Zentralkrankenhaus Reinkenheide). Die Diskussion wird geleitet von Walter Mülich (Mitglied der Friedensinitiative Lunestedt). Sie findet im Festzelt auf dem Gelände der Mittelpunktschule Lunestedt statt.



Schon am Tag nach dem Friedensfest (am 6. Sept.) berichtete die Redakteurin Anke Breitlauch in der NZ:

Lunestedter Friedensinitiative lud ein

Nach Spaß für Kinder folgte die Diskussion

Von Geldern sagte seine Teilnahme ab

abc. Lunestedt. Draußen tobten rund 150 Kinder auf einem riesigen Luftkissen herum oder schnappten mit dem Mund nach Bonbons an der Leine, drinnen im kleinen Festzelt diskutierten ebenso viele Erwachsene über die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in unserem Land: Friedensfest in Lunestedt, eine Mischung aus Spaß, Unterhaltung, Musik und ernsthafter Diskussion. Diskutiert wurde untereinander und mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Karl-Arnold Eickmeyer, der sich allein der massiv vorgetragenen Kritik am Nato-Doppelbeschluß stellte. Der zweite Mann dieser Region aus Bonn, Dr. Wolfgang von Geldern (CDU), sagte ab, weil er nicht mit der DKP ("auch nicht mit der NPD") diskutieren wollte. Das Thema "Nato-Doppelbeschluß - Gefahr für den Frieden".

Bild82

Für den Frieden zu trainieren, empfahl Pastor Kramer als Maxime für den Friedensdienst. "Wie werde ich dem anderen gerecht?" hieße die Frage. Pastor Kramer nannte die Abschaffung aller Waffen eine Zukunftsvision, den Verzicht auf Angriffswaffen das erreichbare Ziel. Entscheidend sei, daß jemand den ersten Schritt aus dem Teufelskreis des Wettrüstens aus Angst wage.

Der Landtagsabgeordnete Dieter Rohloff von den Grünen begann sein Statement mit einer Zahl: "1,3 Milliarden DM werden weltweit täglich für die Rüstung ausgegeben." Auf den Bau von atomaren Mittelstreckenraketen zu verzichten, sei deshalb nicht nur sicherer, sondern auch billiger. Er fand es traurig, daß die etablierten Parteien andere Verteidigungskonzepte als die ihren überhaupt nicht diskutierten und forderte für die Grünen den schrittweisen Austritt der BRD aus der Nato und die Hinwendung zu der Maxime "Schwerter zu Pflugscharen".

Dr. W. Trescher, Arzt im Zentralkrankenhaus Reinkenheide, setzte sich medizinisch mit der Wirkung der Atombombe auseinander. "Medizinische Hilfe ist im Atomkrieg nicht möglich. Stürzt eine Megatonnenbombe über Bremerhaven ab, sind 100.000 Menschen sofort tot, bis zum Umkreis von 10 Kilometer erleiden die Bürger Verbrennungen zweiten Grades." Weiter ging er ein auf die radioaktive Verseuchung, die nach der Katastrophe eintreten würde.

Für die DKP bezog der Bremerhavener Frank Behrens Stellung, bevor Karl-Arnold Eickmeyer die Dinge aus seiner Sicht darstellte und dabei auch auf Zwischenrufe reagierte. Eickmeyer führte zur Stationierung von Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden aus, man müsse den Amerikaner dadurch an Mitteleuropa binden, damit er sich im Falle eines sowjetischen Angriffs nicht aus der Affäre ziehen könne. Grundsätzlich müsse das Ziel eine militärische Gleichstellung auf niedrigstem Niveau sein. Dazu säßen Ost und West jetzt an einem Tisch, was die Welt einzig und allein Helmut Schmidt verdanke.

Auf die Frage, woher Eickmeyer den Optimismus nehme zu glauben, die Atomwaffe werde nicht eingesetzt, antwortete der Bundestagsabgeordnete mit dem Zitat: "Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter" und dem Bekenntnis, daß er auf die Kräfte vertraue, die sich der Gefahr bewußt seien. Auch glaube er, daß der Herrgott die Katastrophe nicht zulassen werde. Zwischenruf einer Frau: "Der Herrgott nicht, aber die Menschen."

Daß Reagan an der Macht ist, "ist nicht zum Aushalten" meinte Eickmeyer im weiteren Verlauf der Diskussion. Er kritisierte aber auch das Verhalten seiner Diskussionspartner. Sie seien arrogant und elitär, wenn sie glaubten, nur ihre Meinung sei die richtige. Im übrigen eine Meinung, die, so Eickmeyer, nicht mehrheitsfähig sei.


Das zweite Friedensfest im Jahre 1983 war am 24. und 25. September ein riesiges Fest.

Auf dem Programm stand:
am Sonnabend um 14.30 Uhr Kinderfest (Luftkissen, Manuelas Puppentheater aus Bremen)
ab 15 Uhr Kaffee und Kuchen, 17 Uhr Podiumsdiskussion "Widerstand gegen die Raketenstationierung - eine Bürgerpflicht?" (Teilnehmer u.a. bekannte Vertreter der Friedensbewegung)
20 Uhr Rockabend mit den Gruppen "Westwind" aus Bremen und der Rock'n Roll Band aus Bremerhaven "Mad dogs and the Alley Cats" am Sonntag um 10 Uhr Shanty-Chor, Bokel; 11.30 Uhr Jazz aus Bremerhaven ("Prof. Patzigs Free Funk Rythm Section and Brass"; 13.30 Uhr Klaus-Jürgen Fischer, Liedermacher aus Bremen; 14.30 Uhr "Gawron und Kocken", Country und Folk Duo aus Bremerhaven; 15.30 Uhr Liedernachmittag mit: Conny und Michael Widmer aus Holßel, Ute Wahlers aus Lunestedt/Elmlohe und anderen.
Und zum Schluß "wühlen sie wieder", die "Wildsau Allstars" aus Lunestedt. Außerdem Weinstube und Grill.


Die Nordsee-Zeitung berichtete am 29. September:

Friedensfest Lunestedt lockte 1700 Menschen an

Kinderfest und Unterschriftenaktion für atomwaffenfreie Zone

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Ungefähr 1700 Menschen besuchten das zweite Friedensfest in Lunestedt. Eine gelungene Mixtur aus Information und Unterhaltung ließ die Stimmung der Zuschauer mit fortwährender Dauer des Festes immer besser werden.

Nach Beendigung des Kinderfestes hatten die Eltern Gelegenheit, sich über die Absichten und die Arbeit der Friedensinitiativen zu informieren. Als Mittel hierzu dienten unter anderem Informationsstände, Plakatwände und eine Diskussion unter dem Titel "Widerstand gegen die Raketenstationierung - eine Bürgerpflicht?". Rund 200 Bürger Lunestedts unterzeichneten einen Antrag an den Gemeinderat, der Lunestedt zur atomwaffenfreien Zone machen soll.

Auch der Rockabend mit den Gruppen "Westwind" und "Mad Dogs and the Alley Cats" muß als gelungen bezeichnet werden. Beide Gruppen durften die Bühne nicht verlassen, ohne mehrfache Zugaben gegeben zu haben, ebenso wie der Dichter Otmar Leist, dessen Gedichte das Publikum in der Umbauphase fesselten.

Am zweiten Tag strömten ungefähr 1000 Zuschauer zum Festzelt. Es wurde ein reichhaltiges künsterisches Programm geboten, das von Jazz über Folklore bis zu den Shanties des "Shantychors Bokel" reichte. Bis zum Abschluß mit den "Wildsau Allstars" war das Zelt gut besucht. Während des Tages wurden von den Zuschauern und Musikgruppen ca. 300 DM für die Arbeiter der AG Weser Gröpelingen gespendet.

Der gelungene Ablauf des 2. Friedensfestes in Lunestedt ermutigt die "Friedensinitiative Lunestedt", ein 3. Friedensfest im nächsten Jahr zu veranstalten.



Beim dritten Friedensfest 1. u. 2. September 1984 wurde über Rüstung und Nicaragua diskutiert. Und es wurde ein Schild vorgestellt.

Am Sonnabend begann es mit dem Kinderfest und 14 Uhr und Kaffee und Kuchen ab 15 Uhr;
um 17 Uhr gab es eine Podiumsdiskussion "Arbeitsplätze statt Raketen" mit Antje Vollmer, Mitglied des Bundesvorstandes der "Grünen", MdB sowie einem Vertreter der SPD, Rüstungsindustrie, Friedensliste und anderen;
der Sonntag begann um 10 Uhr mit einem Friedensgottesdienst im Festzelt, um 11 Uhr gab es einen Jazz-Frühschoppen mit den "Hottest Men in Town" zur Mittagspause im 12.30 Uhr wurde Erbsensuppe, Grill und Liedermacher angeboten;
für 14.30 Uhr war eine Rede zum Thema "Arbeitsplätze und Rüstung" angekündigt (Vertreter des DGB), von 15 - 16.30 Uhr stand "Dat Blancke-Trio" auf dem Programm;
um 16.30 Uhr hieß es "Liedernachmittag mit "Norddeich Radio" und Conny und Michael Widmer u.a.
und zum Schluß wühlen sie wieder! "Die Wildsau Allstars" aus Lunestedt



Die Nordsee-Zeitung berichtete am 3. September:

3. Friedensfest mit Gottesdienst, Musik und Kinderfest

Diskussion über die Rüstung

ww. Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Die Rüstungsindustrie in der Bundesrepublik sichert und schafft keine Arbeitsplätze, sondern trägt vielmehr zu deren Vernichtung bei. Auf diese Formel läßt sich das Ergebnis einer zweistündigen Podiumsdiskussion bringen, die am Sonnabend im Rahmen des 3. Friedensfestes der örtlichen Friedensinitiative vor rund 100 Besuchern im Lunestedter Festzelt einen Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung bildete.

Das "falsche Argument", daß Rüstung Beschäftigung bringe, räumte der stellvertretende SPD-Unterbezirksvorsitzende Gunnar Wegener aus Cuxhaven ein, könne sich nur behaupten, solange in der Bevölkerung die Angst vor den Russen größer sei als die Angst vor Arbeitslosigkeit. CDU, FDP, Bundeswehr sowie Vertreter der Rüstungsbetriebe hatten eine Teilnahme an der Diskussion abgelehnt.

Gerade in den Rüstungsbetrieben, so ÖTV-Gewerkschaftssekretär Wegener, werde am stärksten rationalisiert. Die Zahl der Arbeitnehmer in der unmittelbaren Rüstungsproduktion (zur Zeit etwa 250.000) sei in den letzten Jahren ständig gesunken.

Durch Rüstung geht, gesamtwirtschaftlich gesehen, eine beträchtliche Zahl von Arbeitsplätzen vor allem durch den immensen Verteidigungshaushalt verloren. Zu kurz kommen dabei andere, arbeitsmarktpolitisch wichtige Ressorts. Während im sozialen Bereich und bei öffentlichen Diensten Leistungen und Stellen weiter abgebaut würden, kritisierte Hildegard Pfeiffer-Huuk von der Friedensinitiative, werde immer mehr für Verteidigung und Rüstung ausgegeben - rund eine Billion Mark seit Bestehen der Bundeswehr.

Diese großen Investitionen, meinte Irmely Schachtschneider, Europaparlamentskandidatin der Friedensliste und DKP-Mitglied, stünden in keinem Verhältnis zu den damit gewonnenen Arbeitsplätzen. Dagegen sei die Arbeitslosigkeit vieler Lehrer letztlich die Folge der Rüstung. Wichtige Rohstoffe würden einer sinnvollen Verwendung entzogen.

Daß Rüstung auf Kosten der Natur und der Lebenschancen betrieben werde, betonte auch Antje Vollmer als Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen. Sie wies im Zusammenhang mit den Waffenexporten aus der Bundesrepublik auf die internationalen Verflechtungen hin. Die Stützung politischer Systeme der dritten Welt durch Waffenlieferungen lasse man sich mit billigen Rohstoffimporten honorieren.

"Mitbestimmung über das, was produziert wird, gibt's nicht", bemängelte SPD-Mann und Gewerkschafter Wegener die Situation in den Rüstungsbetrieben. Ein weiteres Problem ergebe sich aus regionalen Arbeitsmarktstrukturen. So seien von den 23.500 Arbeitnehmern in der Stadt Cuxhaven fast 8.000 in Bundeswehr-Diensten. Wegener: "Wie sollte man da einen Ausgleich schaffen?" Auch den Kommunalpolitikern müsse ein Umdenken daher schwerfallen. Im übrigen werde die Rüstungsplanung von den Generälen gemacht und nicht von den Politikern.

Mit einem Kinderfest, Diskussionen, Rock, Jazz und Folklore "live" im Festzelt hatte die parteipolitisch unabhängige Lunestedter Friedensinitiative mit ihren 40 ständigen Mitarbeitern und vielen Helfern ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt. Nach einem Friedensgottesdienst im Zelt referierte gestern nachmittag auch ein ehemaliger IG-Metall-Betriebsratsvorsitzender eines Bremerhavener Betriebes zum Thema "Sichert Rüstung Arbeitsplätze?". Neben einer Folklore-Show des türkischen Solidaritätsvereins Bremerhaven gab es auch eine Info-Aktion zum Thema Nicaragua.

awaffenfreischild



Nach dem Friedensfest am 21. & 22. September 1985 stand die Veranstaltung auf der Kippe. In einem Brief an die Samtgemeindeverwaltung hatte gestanden: "Angesichts der enormen Belästigung aufgrund der mit höchsten Lautstärken produzierten infernalischen Töne ersuchen wir um künftige Unterbindung derartiger Veranstaltungen.
Es stellt eine unglaubliche Zumutung, Rücksichtslosigkeit und Brüskierung der Anwohner dar, wenn Veranstaltungen dieser Art in unmittelbarer Nähe des Wohnbereichs stattfinden. Angesichts der physischen und psychischen Belastung der Anwohner durch das hemmungslos bis in die späten Nachtstunden produzierte Spektakel - selbst sonntags in der Zeit der Mittagsruhe wurde keine Pause eingelegt -, das eine empfindliche Störung der Nacht- und Mittagsruhe darstellte, bitten wir, dafür zu sorgen, daß Veranstaltungen dieser Art nur noch außerhalb der Ortschaft gestattet werden." (zitiert nach einem Brief der Samtgemeindeverwaltung Brü/Neu v. 1.10.1985)

Es erging der Bescheid: "Aufgrund der heftigen Beschwerden bin ich zu dem Entschluß gekommen, das Schulgelände für die Durchführung zukünftiger Friedensfeste im Interesse des friedlichen Zusammenlebens nicht mehr zur Verfügung zu stellen."
Quelle: privat/a


Am 30. / 31.8.1986 gab es dennoch wieder ein Friedensfest in Lunestedt. Allerdings war die sonntägliche Mittagsruhe besser gewahrt.

Es begann am Sonnabend von 15 -18 Uhr mit dem Kinderfest (Luftkissen, Holzhüttenbau ...);
ab 16.30 Uhr hieß es "Rüstung: Kriegsvorbereitung oder Friedenssicherung?", es gab einen Dia-Vortrag von Ernst Busche und eine Podiumsdiskussion, zu der geladen waren: Ernst Busche, Bundeswehroffizier, Vertreter der CDU, SPD, Grünen und DKP;
von 18.30 Uhr bis 20 Uhr durfte getanzt werden (Bernie's Disco) bevor der Rockabend startete (Jerrie's Egal Rock aus Bederkesa und Riff Raff - Funk, Soul und Rock aus Stubben); der Sonntag begann mit einem Friedensgottesdienst im Zelt von 10 bis 11 Uhr; für 13.30 Uhr waren 10 km für den Frieden angekündigt, alternativ: Video-Filme (The day after, Ganz unten); um 15 Uhr kamen die "Wattwürmer" - Friedenslieder aus Bremerhaven;
um 16 Uhr war die Siegerehrung nach dem Friedenslauf angesetzt und um 16.15 Uhr eine jugoslawische Volkstanzgruppe; um 16.30 Uhr gab es Lieder von Conny, Michael und Gaby; dann sprach um 16.45 Uhr Senator Henning Scherf, Bremen über "Solidarität mit Nicaragua"; das Blancke-Trio brachte wieder plattdeutsche Lieder zu Gehör (17.30 Uhr);
um 19 Uhr gab es kritisches Kabarett mit Hermann und Dorothea, dem um 20.45 Uhr der Aufruf zur Friedensdemo im Hunsrück am 11.10.86 folgte; um 21 Uhr hieß es Café Haag" und um 22.30 Uhr "Jack the Ripper" (Oldies aus Beverstedt)


Die Nordseezeitung berichtete am 1. September 1986 in einem längeren Artikel:

Abrüstungsdebatte: Nicht böse, wenn die anderen damit beginnen

Podiumsdiskussion im Mittelpunkt des 5. Lunestedter Friedensfestes

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). "Seit unserer Zeitrechnung gab es 1656mal den Versuch, durch Aufrüstung einen gegnerischen Staat in die Knie zu zwingen, 1640mal davon endete dieses Vorhaben in einem Krieg, 16mal brachte es den beteiligten Staaten den wirtschaftlichen Ruin. Der 1657. Versuch läuft gerade!" Mit diesem mahnenden Satz eröffnete Lothar Müller von der Friedensinitiative Lunestedt die öffentliche Podiumsdiskussion während des 5. Lunestedter Friedensfestes.

Repräsentanten der SPD, der Grünen, der DKP und der Deutschen Friedensunion sowie ein Vertreter der Bundeswehr - die CDU hatte auf die Einladung nicht reagiert - debattierten über den nach ihrer Ansicht besten Weg hin zur Abrüstung in West und Ost. Einleitend zeigte Ernst Busche von der Deutschen Friedensunion einen Lichtbildervortrag, in dem anschaulich dargestellt wurde, wie dicht sich auch in unserem Raum inzwischen militärische Einrichtungen angesiedelt haben. Munitionsdepots, Kasernen, Raketen- und Schießanlagen reihen sich aneinander, eine im Bau befindliche Panzertrasse in Garlstedt verbinde militärische Anlagen und zerstöre die Umwelt. "Die 4000 amerikanischen Soldaten als Speerspitze der Nato mit Atomhaubitzen und Neutronensprengköpfen stellen eine große Bedrohung der friedlichen Menschen dar."

Mit der Frage, ob die Aufrüstung in unserem Land der Kriegsvorbereitung oder der Friedenssicherung diene, leitete Lothar Müller die Diskussion ein, wobei er das von der konservativen Bundesregierung geplante Zivilschutzgesetz kritisierte. Ein wirksames Mittel zur Verhinderung des Atomkrieges sei nicht die Vorsorge durch Bunker und besondere Ausbildung der Hilfskräfte, sondern nur eine konsequente Abrüstung in Ost und West, wobei die Bundesrepublik auch ohne die USA den ersten Schritt tun könne.

Annette Faße aus Langen-Imsum, Bundestagskandidatin der SPD, kam zuerst zu Wort. Vom gerade beendeten Nürnberger Bundesparteitag der SPD geprägt, unterstützte sie die Friedensbewegung und hätte auch nichts dagegen, wenn der Westen den ersten Schritt zur Abrüstung tun würde. Sie sei aber auch nicht böse, wenn man auf der anderen Seite damit beginnen täte. Die SPD werde nach einem Wahlsieg am 30. Januar die Stationierung der amerikanischen Kernwaffen rückgängig machen, sagte sie. Eine Sicherheitspartnerschaft mit dem Ostblock, um Angst auf beiden Seiten abzubauen, hält Annette Faße für den richtigen Schritt zur Abrüstung.

Die Bundeswehr sei nur "Exekutive", führe also nur aus, was das Parlament beschließe, gab Hauptmann Jens Kohagen in seinem Beitrag zu bedenken. Als Jugendoffizier klärt er die Schüler der 9. und 10. Klassen über die Wehrpflicht auf. Auch Kohagen hält, zur Verwunderung mancher Diskussionsteilnehmer, die Abrüstung für einen wirksamen Schutz gegen einen Atomkrieg - die beiderseitige Abrüstung.

Ernst Busche gab einen Rückblick auf den zweiten Weltkrieg, bevor er an den Wahlslogan des derzeitigen Bundeskanzlers Helmut Kohl erinnerte, der Frieden mit immer weniger Waffen schaffen wollte, aber genau das Gegenteil erreicht habe. Kritik übte Busche aber auch an Helmut Schmidt, unter dessen Führung die Nato-Nachrüstung beschlossen worden sei.

Für die Grünen bezeichnete der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Fücks die Nürnberger SPD-Beschlüsse als nicht ausreichend. Es sei hier lediglich ein Verhandlungsappell an die Supermächte gegangen. Er habe den Beschluß zur einseitigen Abrüstung bei der SPD vermißt. Die Bundesrepublik solle sich lieber von den Supermächten distanzieren und allein aus Nato und Aufrüstung aussteigen. Die Förderung der Rüstungsindustrie auch in SPD-regierten Ländern über den Knüppel der Arbeitslosigkeit hält der Grüne für unredlich. Man sollte sich nicht abhängig von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie machen. Scharf griff Fücks die USA an, die mit ihrem Vorhaben, nun auch noch den Weltraum zu militarisieren, ihre gänzliche Glaubwürdigkeit auf Friedenswillen verloren hätten.

Joachim Barloschky, Sprecher der DKP, sieht die Kriegsgefahr wachsen. Er ist von der Friedensbereitschaft der Sowjetunion überzeugt. Gorbatschows Vorschläge, wie das Angebot an die USA, auf Atomtests gänzlich zu verzichten, hält er für einen wichtigen Schritt. "Leider", so Barloschky, "schlagen die USA alles in den Wind!" Es sei nun dringend notwendig, einen Durchbruch zu erzwingen.

Das 5. Lunestedter Friedensfest bot neben dieser Diskussion ein umfangreiches Programm: vom Friedensgottesdienst über das Kinderfest bis hin zum sportlichen Friedenslauf, V(o)rträge über Nicaragua vom Bremer Senator Henning Scherf und Reingard Zimmer aus Bokel sowie Disco- und Rockmusik.
Hyk


Im selben Jahr (1986) rief zum Volkstrauertag die Friedensinitiative zur Teilnahme an der Kranzniederlegung auf:

WIR GEDENKEN NICHT DER HELDEN, SONDERN DER OPFER DES 2. WELTKRIEGES

16. November, Volkstrauertag, Tag der Kranzniederlegung und des Heldengedenkens. 55 Mio. Menschen haben in 2. Weltkrieg ihr Leben verloren. Die nackte Zahl verschleiert die Trauer, den Schrecken, die Verzweiflung der Betroffenen. Sie alle hatten nur ein Leben, ein einziges.
Waren sie Helden, diese 55 Millionen? Sicherlich nicht deshalb. weil sie in einem Krieg gestorben sind. Weder die waren Helden, die am 1. September 1939 als deutsche Truppen in Polen einfielen. noch die 70.000 Soldaten, die allein in Stalingrad umkamen, gefallen, erfroren oder sonstwie krepiert.
Nein, sie alle waren Opfer eines wahnwitzigen Krieges, der wie alle Kriege als gewinnbar galt, der von vielen vorbereitet, organisiert und geführt wurde.
Opfer waren auch Menschen, die gegen das faschistische System Widerstand geleistet haben wie Sozialdemokraten, Kommunisten, Christen, Gewerkschaftler u.a. Opfer waren auch jene Menschen, die aufgrund der Rassengesetze verfolgt wurden wie Juden, Sinti, Roma u.a.
Wir wollen dieser Opfer gedenken und beteiligen uns deshalb an der Kranzniederlegung in Freschluneberg und Westerbeverstedt.

kranzniederlegung 86



So ganz gefiel friedensbewegten Lunestedtern aber die Kranzniederlegung doch nicht. In der Zeitung "Zwischen Beek und Lune" hieß es im Januar 1988:

"Was wir uns für 1988 nicht wünschen, ..." heißt es da: ist eine Rede wie bei der Kranzniederlegung zum Volkstrauertag 1987. Es musste jedem sauer aufgestoßen sein, als der Redner sagte "... Soldaten, die ihr Leben für ihr geliebtes deutsches Vaterland ließen ..."
Welche Möglichkeiten hatten denn junge Männer im Faschismus, wenn sie gesund waren, außer Soldat zu werden? Selbst viele national gesinnte Bürger und Militärs hatten wenig Interesse, für den geisteskranken österreichischen Anstreicher Adolf Hitler, ihr Leben zu lassen.
Kein Wort zu den Soldaten, die ihre Angst und Ohnmacht in Widerstand umsetzten, wie z.B. Beck und Staufenberg. Sind nicht sie die Helden, die ihr geliebtes deutsches Vaterland von dem größten Verbrecher aller Zeiten befreien wollten?
Kein Wort zu den Christen, Gewerkschaftlern, Sozialdemokraten und Kommunisten, die ihr Leben lassen mußten, weil sie antifaschistischen Widerstand leisteten. Kein Wort zu den zigtausend Zigeunern und anderen rassischen Minderheiten, die getötet wurden, weil sie nicht arisch waren? Kein Wort zu den 6 Millionen Juden.
Der Volkstrauertag ist nicht nur für die gefallenen deutschen Soldaten da, sondern für die gefallenen Soldaten aller Länder. Der Volkstrauertag ist für alle Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft da. Denn aus diesem Gedenktag sollen Lehren für die Zukunft gezogen werden.
Seit dem Erfolg der Nazi-Partei DVU in Bremerhaven ist das Zitat von Bert Brecht wieder aktuell: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das Ungeheuer kroch!
Quelle: privat/w



Zuvor hatte es schon Kranzniederlegungen am Mahnmal gegeben:

Am 30.1.1983 rief die DKP dazu auf: "Die DKP Lunestedt wird am 30.Januar zum Gedenken der Opfer des Faschismus am Freschluneberger Mahnmal einen Kranz niederlegen."
Kranzniederlegung / Aufruf der DKP 1983

Quelle: privat/b

Ein Jahr später: geänderte Organisation, geänderter Ort - in einem Filu-Flugblatt vom März 1984 heißt es:

Am 30. Januar dieses Jahres legte die Lunestedter Friedensinitiative einen Kranz, zum Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege, vor dem Westerbeverstedter Mahnmal nieder. Trotz strömenden Regens nahm eine große Anzahl von Lunestedter Bürgern an dieser Gedenkfeier teil. Alle Anwesenden waren sich einig, daß nie wieder ein Krieg von deutschem Boden ausgehen darf und wandten sich insbesondere gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in der BRD."
Quelle: privat/b


Später versuchte die Friedensinitiative einen anderen Umgang mit dem Mahnmal, das dank ihrer Initiative am Denkmal im Ortsteil Freschluneberg erstellt worden war.

8.5.96 Mahnmal
Quelle: privat/w



Inzwischen war das Lunestedter Friedensfest Tradition geworden. Es gab auch 1987 wieder eins - am 29. und 30. August.

Für Sonnabend stand auf dem Programm:
ab 14.30 Uhr Kinderfest (Luftkissen, Mitmachtheater, jugoslawische kindertanzgruppe und vieles mehr); gleichzeitig hieß es "Lieber Wettlaufen als Wettrüsten", 5 und 10 km waren geplant für den Friedenslauf;
das Thema der Diskussionsveranstaltung mit sowjetischem Konsul und Vertretern von Parteien hieß: "Nullösung - jetzt!"; abends gab es ab 20 Uhr den Rockabend mit Querbeet und Boys young
Am Sonntag begann der Tag um 10 Uhr mit dem Friedensgottesdienst im Zelt mit Pastor Kühnast aus Lunestedt; anschließend war eine türkische Tanzgruppe angekündigt sowie ein Jazz-Frühschoppen mit Hottest Men in Town; zum Kaffee und Kuchen ab 15 Uhr gab es Jazz-Rythmen mit Hot Sax und ab 16.30 Uhr war Südafrika das Thema: "Apartheid - Nein !" - Südafrika-Solidarität mit ANC-Vertreter und Amnesty International sowie Musik aus Südafrika; ab 19 Uhr waren Huellas und Folk mit Fidibus angesagt; um 20 Uhr kam das Kabarett Zeitblende und ab 21.30 Uhr gab es Oldies mit The Heartbeats"


Die Nordsee-Zeitung berichtete wieder unverzüglich. Am 31. August stand auch über den Friedenslauf zu lesen - es war schon der zweite.

Bunte Mischung aus viel Politik und Unterhaltung

6. Friedensfest in Lunestedt - Ausländische Gäste dabei

Lunestedt. Mit einem Friedenslauf und Kinderfest begann das 6. Lunestedter Friedensfest. Die bunte Mischung aus viele Politik und Unterhaltung kam bei den vielen huntert Besuchern an beiden Tage erneut gut an.

Internationale Diskussionspartner nahmen zu aktuellen Themen wie Null-Lösung und Apartheid Stellung.

Kinderfest87

Viel Spaß gab es zu Beginn beim Kinderfest mit Theaterspiel zum Mitmachen, Wettspielen und Kindertanz. Ein Rockabend mit den Bands Querbeet aus Beverstedt und Boys Young aus Bremerhaven begeisterte am Abend die Jugend und Junggebliebenen.

Der Friedensgottesdienst mit Pastor Kühnast hatte die Probleme in Südafrika zum Thema. Die Kollekte war für Soweto bestimmt.
Eine türkische Tanzgruppe, die Hottest Men in Town beim Frühschoppen und heiße Jazzrhythmen unterhielten die vielen Besucher am Sonntagvormittag. Ernste Lieder in Solidarität mit Südafrika brachten Conny und Michael, während die "Huellas", eine Gruppe von Exil-Chilenen mit afro-amerikanischer Musik, chilenischer Folklore und neuesten Informationen aus ihrem Heimatland das aufmerksame Publikum unterhielten.

Folk mit "Fidibus", Politik "auf der Schippe" mit "Zeitblende", einem Kabarett aus Bremen, waren weitere Programmhöhepunkte, ehe mit einer Oldie-Tanzfete mit "The Heartbeats" das 6. Friedensfest in Lunestedt ausklang.

Den Friedenslauf über 5.000 Meter konnte Arno Kulss ganz knapp mit einer Sekunde Vorsprung vor dem erst 12jährigen Klaas Beger in 21:07 Minuten für sich entscheiden. Über 10.000 Meter siegte Uwe Meyer aus Bokel in sehr guten 34:51 Minuten.




Chile und Atomwaffenverzicht waren die großen Themen im Jahre 1988. - Im Osten kamen Glasnost und Perestroika auf, und auch für Deutschland brachte das deutliche Veränderungen.
Gerade noch vorher war der Gemeinderatsbeschluss zur Umgestaltung des Denkmalsplatzes im Ortsteil Freschluneberg gefasst worden. Und trotz der Frage einiger Ratsherren, was denn ein Mahnmal angesichts der Veränderungen im Ostblock noch sollte, wurde das Mahnmal für die Opfer neuzeitlicher Gewaltherrschaft gebaut


1988 wurde am 3. & 4. September ein Friedensfest veranstaltet:

Am Sonnabend gab es um 15 Uhr wieder ein großes Kinderfest (Solozirkus, Gaukelei, Luftkissen unf Volleyball-Turnier); 17 Uhr HOT SAX (heißer Jazz); 20 Uhr THE WEASELS (Attraktion aus Amsterdam); 22 Uhr THE HEARTBEATS ( mit Oldies, Oldies ...);
Am Sonntag ging der Friedenslauf um 13.30 Uhr über 5 und 10 km; um 14.30 gab es COCJTAIL (Jazziges Allerlei); 16 Uhr "ATOMWAFFENVERZICHT ins Grundgesetz" (es spricht T. Ebermann, Bundesvorstand der Grünen); um 16.30 Uhr singt der Chor Friedens- und Arbeiterlieder; für 17 Uhr war eine Diskussionsrunde angekündigt: "Solidarität mit Lateinamerika" (mit dem Bundestagsabgeordneten Prof. I. Hauchler [SPD], B. Brinkmann [1987 Befreiung aus chilenischer Gefangenschaft] und Thomas Ebermann, Diskussionsleiter T. Tjarks, Nicaragua-Gruppe-Bremerhaven); um 19.30 Uhr kam Liederjan (witzig, frech, kritisch); und um 22 Uhr kam die Gruppe KRISEN-FEST aus Oldenburg.

Die Nordsee-Zeitung berichtete am 6. September 1988:

Lehrerin wurde in Chile sechs Tage körperlich und seelisch gefoltert

Friedensfest in Lunestedt mit kulturellen und politischen Veranstaltungen

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Eines hat sich die Friedensinitiative Lunestedt fest vorgenommen: Bei ihrem traditionellen Friedensfest sollen ein anspruchsvolles und ein informatives politisches Veranstaltungsangebot stets gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Der politische Teil des siebten Friedensfestes stand unter dem Motto "Solidarität mit Lateinamerika". Mit der deutsch-chilenischen Lehrerin Beatriz Brinkmann, dem Bundesvorständler der Grünen, Thomas Ebermann, und dem Mitglied der Nicaragua-Gruppe Bremerhaven, Thomas Tjarks, fanden sich Talkgäste im Lunestedter Festzelt ein, die nicht zögerten, zu diesem Thema ganz klar Stellung zu beziehen.

diskussion1988

Ebenfalls an der Diskussionsrunde teilnehmen sollte eigentlich SPD-Bundestagsmitglied Prof. Dr. Ingomar Hauchler. Doch das Mitglied im Auswärtigen Ausschuß sagte kurzfristig ab. Beatriz Brinkmann eröffnete die Talkrunde mit einem Referat über ihr persönliches Schicksal in Chile und die derzeitige politische Situation in ihrem Heimatland. Die gebürtige Chilenin, die lange Zeit in der Bundesrepublik gelebt und studiert hat, wurde im September 1986 um drei Uhr morgens ins Haus der Geheimpolizei gebracht, wo sie sechs Tage lang unter einer extremen psychischen und physischen Folter zu leiden hatte.

Grund für ihre Verhaftung sei die Teilnahme an Demonstrationen gegen die Privatisierung der chilenischen Schulen gewesen, berichtete Beatriz Brinkmann, außerdem sei wohl auch ihre Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei bekanntgeworden. Die Lehrerin für Deutsch und Spanisch war etwa ein Jahr lang in chilenischen Gefängnissen, teilweise in Isolationshaft. Erst internationaler Druck habe zu einer Verbesserung der Haftbedingungen geführt, betonte die Pädagogin.

Ihre Freilassung auf Kaution und die Ausreise in die Bundesrepublik sieht die deutsch-chilenische Lehrerin als Verpflichtung, sich weiterhin für die Notleidenden in Chile einzusetzen. Sie appellierte besonders an die Bundesregierung, 15 vom Tode bedrohten Chilenen Asyl zu gewähren. "50 Prozent der chilenischen Bevölkerung leben unter dem Existenzminimum", sagte Frau Brinkmann. Was Chile unbedingt benötige, sei eine echte Demokratie.

In den Augen des Grünen-Vorständlers Thomas Ebermann hat eine Demokratie in den Dritte-Welt-Ländern nur Bestand, wenn sich auch die soziale Wirklichkeit ändert. "Emotional ist jeder für Demokratie", meinte Ebermann, "wenn aber die wirtschaftliche Befriedigung des Volkes völlig fehlt, ist die Gefahr eines erneuten Putsches groß."

Thomas Tjarks bemühte sich, die Grenzen der angestrebten Solidarität zu verdeutlichen. Tjarks befürchtete, daß die Solidarität da aufhört, wo es an den eigenen Geldbeutel geht. "Die Verzahnungen der Bundesrepublik Deutschland mit den Ländern der Dritten Welt sind so vielfältig, daß beispielsweise ein wirtschaftlicher Aufschwung dieser Länder im Bereich der industriellen Produktion nicht ohne Folgen für die bundesdeutsche Wirtschaft wäre", so Nicaragua-Fachmann Thomas Tjarks.

Auch ein etwa 45minütiger Vortrag des Grünen-Vorständlers Thomas Ebermann zum Thema "Atomwaffenverzicht ins Grundgesetz" gehörte zum politischen Programm des siebten Lunestedter Friedensfestes. Im Jahre 1995, zeitgleich mit der geplanten Inbetriebnahme der Atomkraftwerke Kalkar und Wackersdorf, laufe der Atomwaffensperrvertrag aus, betonte Ebermann. Nach Ansicht des Grünen-Vorständlers ist eine Aufrechterhaltung des Abkommens über '95 hinaus sehr unwahrscheinlich. "Wenn die Bundesrepublik dann tatsächlich wieder über A-Waffen verfügen darf", klagte Ebermann, "befürchten wir, daß es in der Bevölkerung zu einer Bewußtseinsveränderung kommt."

Eine durch Chauvinismus und falschen Nationalstolz geprägte Stimmung würde, so Thomas Ebermann, die Kriegsgefahr größer werden lassen. Schon heute sei die Bundesrepublik Deutschland der Nicht-Atomwaffen-Staat, der über die größte Menge an waffenfähigem Plutonium verfüge.
sim



Zum achten Friedensfest lud eine Meldung der Nordsee-Zeitung am 22.9.1989 ein:

Friedensfest in Lunestedt mit viel Live-Musik

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Ganz im Zeichen des 8. Friedensfestes der Friedensinitiative steht an diesem Wochenende die 2300 Einwohner zählende Gemeinde Lunestedt. Viel Musik, ein Kinderfest und Informationen gegen den Rechtsrdikalismus stehen auf dem morgen Nachmittag beginnenden Programm.

Live-Musik gibt es an beiden Abenden. Die Politrockgruppe "Krisenfest" aus Oldenburg und "Larry and the Handjive" aus Bremen sorgen am Sonnabend ab 20 Uhr im Freibad für Stimmung. Die Bremer Gruppe spielt Rock'n Roll im Stil der 60er Jahre und will durch die besondere Bühnenshow beeindrucken. Für Sonntag abend ab 20 Uhr haben die Lunestedter die Afro-Funkband "Abantu" verpflichtet. Sie hat südafrikanische Mbanquanga-Musik mit Funk verbunden. Die Gruppe besteht aus drei Exilafrikanern und drei Deutschen, die ihre Tanzmusik mit mehrstimmigen Gesängen begleiten.

Morgen ab 15 Uhr ist das Freibad für ein Kinderfest und ein Volleyball-Turnier hergerichtet. Wer an der Sportveranstaltung teilnehmen möchte, kann sich bei Birgit Körner (04748/3753) anmelden.

Die sonntäglichen Aktivitäten beginnen mit einem Friedenslauf über fünf und zehn Kilometer um 13 Uhr. Nähere Informationen unter der Telefonnummer 04748/1603. Der Shanty-Chor "Hart Backbord" und die Straßenmusiker "Los Taytos" aus Peru sorgen ab 15 Uhr für Unterhaltung. Zwischendurch will die Initiative Informationen zum thematischen Schwerpunkt des Friedensfestes, dem Rechtsradikalismus, geben.



Am 25.9.89 stand in der NZ der Bericht vom Friedensfest, das auch das "Friedenskind" Judith hervorbrachte:

Musik pur beim achten Friedensfest in Lunestedt

Viele Spiele für die Kinder

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). "Tutti Frutti" von Bill Haley unter Anti-Apartheidstransparenten: Auf dem achten Friedensfest in Lunestedt war es möglich. Die Bremer Rock'n Roll-Band "Larry and the Handjive" sorgte mit fetzigen Rhythmen aus den 50er Jahren für Stimmung. Die Mitglieder der Lunestedter Friedensinitiative hatten ein gemischtes Programm auf die Beine gestellt. Positive Diskussionen und Unterhaltung für jedes Alter gehörten dazu. Der Sonnabend stand dabei mehr unter dem Zeichen der Geselligkeit, während am Sonntag Probleme unter dem Gesichtspuntk der wachsenden Feindlichkeit gegenüber Asylanten, Um- und Aussiedlern diskutiert wurden.

Das Motto der Veranstaltung war ein Satz von Goethe "Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter". Auf großen Lettern konnte jeder Besucher die Worte auf Transparenten im Festzelt lesen. Kurz vor Mitternacht strömten am Sonnabend Hunderte ins Zelt, um sich den Höhepunkt des Abends nicht entgehen zu lassen. Dichtgedrängt standen die Menschen im Zelt und erwarteten den Auftritt der Bremer Band.

In goldenen Jacketts und stilechter Pomadetolle stürmten die vier jungen Musiker auf die Bühne und griffen in die Saiten ihrer Gitarre, um Bill Haley, Elvis, Chuck Berry und andere Größen der 50er Jahre wiederauferstehen zu lassen.

"Das hier ist zwar nicht meine Musik, aber die machen ihre Sache sehr gut", meinte ein Besucher und klatschte begeistert mit. Nach kurzer Zeit bahnten sich immer mehr Zuschauer den Weg zur Bühne. Dort wurde schließlich getanzt, daß die imaginären Pettycoats nur so flogen. Selbst die blauen Papiertauben, die an der Decke baumelten, bewegten sich durch das Beben des Fußbodens im Takt.

Wegen des schwungvollen Musikprogramms blieben die Infostände von Organisationen wie Greenpeace, dem Bund für Umweltschutz oder der Bundesvereinigung gegen Tieffluglärm eher unbeachtet. Der Schwerpunkt am Sonnabend lag ganz in der Unterhaltung. Und so waren nach den Kindern auf dem Kinderfest am Nachmittag die Älteren an der Reihe, sich zu vergnügen.

Wieviel Arbeit und Mühe für die Mitglieder der Lunestedter Friedensinitiative hinter dem Fest stand, ahnten viele Besucher sicherlich nicht. "Die Organisation dauerte mindestens ein halbes Jahr", erzählte Jörg Krankenberg. "Aber das Fest ist mittlerweile eine Tradition in Lunestedt geworden", fügte das aktive Mitglied der Initiative hinzu. "Die Friedensinitiative trägt die Kosten für die Veranstaltung selbst. Der Erlös wird gespendet", berichtete Ute Wahlers-Schneider.

Besonders zufrieden waren die Organisatoren mit dem enormen Andrang auf dem Kinderfest. Auch das Volleyballturnier lockte viele Menschen an. Fünf Mannschaften spielten aus Spaß an der Sache mit. Überhaupt herrschte auf dem Fest eine ungezwungene Atmosphäre unter Besuchern und Organisatoren.

Die Mitglieder der Friedensinitiative in Lunestedt bemühen sich verstärkt um junge Menschen. Dabei haben sie Erfolg. Denn viele Jugendliche halfen bei den aufwendigen Vorbereitungen mit und beschäftigten sich engagiert mit den Aufgaben und politischen Problemen der Gruppe.

Für Nachwuchs besonderer Art sorgte am Sonnabend ein weibliches Mitglied der Initiative. Sie brachte ein "Friedenskind" zur Welt. Judith heißt das Mädchen, über das sich alle freuten. "Wir sind stolz, daß das Kind gerade zum Zeitpunkt des Friedensfestes geboren wurde", freut sich Marlies Peters-Thoden. Somit gab es auch keine verärgerten Gesichter, als der Vater des Kindes, der für die elektronische Versorgung verantwortlich war, seine Arbeit unterbrach, um schnell zu seiner Frau und seinem Kind zu kommen.
boe


Friedenskind Judith
"Friedenskind" Judith Hohmann mit ihrer Mutter Mechthild (Foto: agp/30.08.07)
Judith hat am 28.8.2007 ihre Zustimmung zur Namensnennung gegeben.



10 Jahre Friedensfest
Quelle: privat/w


Vom zehnten Friedensfest in Lunestedt berichtet die Nordsee-Zeitung am 3.9.1991:

Friedensfest: Stimmung mit "Wildsau"

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Mit ihrer Mischung aus Politik, Sport und Unterhaltung scheint die Friedensinitiative Lunestedt richtig zu liegen: Über 2000 Besucher wurden am Wochenende während der vielen Veranstaltungen gezählt.

Allein das Kinderfest lockte zum Auftakt des Festprogramms fast 300 kleine Gäste an. Besonders viel Beifall erhielt Clown Zebulon aus Bremerhaven. Aber auch das Spielmobil und der Schminktisch waren stets dicht umlagert. Wer sich von den älteren Besuchern sportlich betätigen wollte, hatte dazu beim Voleyballturnier Gelegenheit. Von 15 bis 20 Uhr dauerten die Spiel der acht Freizeitmannschaften. Für den richtigen Ton sorgten am Abend die Bremerhavener "Nematoden" und die Cuxhavener Gruppe "Pandance". Über 500 Besucher, darunter sehr viele jüngere Rock-Fans, waren von den Darbietungen sehr angetan.

Rund 35 Teilnehmer gingen am Sonntag auf die fünf und zehn Kilometer langen Friedenslauf-Strecken. Die Route, diesmal vom Heerstedter Bernd Hettwig ausgesucht, fand bei den Aktiven großen Anklang. Weniger gefiel den Läufern die große Hitze. Siegerin auf der Fünf-Kilometer-Strecke wurde Erika Breudel, bei den Männern war Lars Meyer aus Bokel erfolgreich. Über zehn Kilometer gewannen Christine Nelle und Tim Mehrtens.

Vom Tempo her gemächlicher ließen es die etwa 40 Teilnehmer des Friedensmarsches angehen. Beim Mahnmal hielt Dieter Peppel von der Friedensinitiative eine Ansprache und ging auf das im Ort nicht unumstrittene Objekt ein. Thorsten Maaß berichtete über die Waffenexporte, die vor dem Golf-Krieg über Bremerhaven abgewickelt worden sind und derzeit den umgekehrten Weg gehen. Hermann Weibel vom Betriebsrat der Bremer Lagerhausgesellschaft in Bremerhaven erzählte, was die Arbeiter bewegt, wenn sie solche Transporte mit abwickeln. Die Frage, was ein einzelner in solchen Situationen tun kann, um Kriege zu verhindern, wurde eingehend erörtert. Patentrezepte gab es nicht.

Mit Musik unterschiedlichster Richtungen klang das Friedensfest aus. Nach chilenischer Folklore mit der Gruppe "Ritmo Candente" trat die vor fünf Jahren aufgelöste Lunestedter Band "Wildsau" noch einmal in alter Besetzung auf. Dieses Wiedersehen wurde begeistert gefeiert. Ganz andere, jazzige Töne gab anschließend die Formation "Hot Sax" zum besten, bevor anschließend noch einmal die chilenische Gruppe "Ritmo Candente" auf die Bühne kam und Samba-Fieber verbreitete.

Von der Gruppe "Wildsau" ist eine Zeichnung erhalten:

Wildsau-Zeichnung
Von links sind zu sehen: Hartmut Bock, Holger Ahrens, Wilfried Bock, Karl-Heinz Großheim, Werner Bippus, Jürgen Kemna, Hermann Thoden und Roland Schroetter. Der Entstehungszeitpunkt der Zeichnung ist unklar. Es sind auch einige Mitglieder der Gruppe nicht abgebildet: z.B. Thorsten Haake und Joachim Lehmker.
(Zeichnung: Erwin Falkenberg
Quelle: Werner Bippus und Conny Widmer)



1992 gab es das elfte und letzte Friedensfest, diesmal nicht an der Grundschule sondern in der Feldmark in Freschluneberg. Und auch die Bezeichnung war ein wenig anders: "Fest der Friedensinitiative".

In der Einladung hieß es: "Der Weg zum Friedensfest ist diesmal etwas beschwerlicher. Wir hoffen, daß Euch foldende Skizze hilft. Ansonsten wird aber auch der Weg zum Zelt ausgeschildert sein."
Skizze 92
In der Einleitung zum Programm gab es auf der Einladung einen Rückblick:

"Friedensfest - noch einmal, aber (wo)anders!


Zehn erfolgreiche Friedensfeste liegen hinter uns. Wir, die Friedensinitiative Lunestedt, wollten es eigentlich dabei belassen.

Viele FriedensfreundInnen in und außerhalb Lunestedts zeigten jedoch großes Interesse an einer Fortführung dieses schon traditionell gewordenen Festes.

Daraufhin haben wir uns zusammengesetzt und beschlossen noch einmal ein Fest durchzuführen, das als Treffpunkt für alle FriedensfreundInnen aus dem Elbe-Weser-Dreieck aufrecht erhalten werden soll.

Wir bauen diesmal unser (etwas kleiner gewordenes) Zelt auf einer Wiese am Rande Lunestedts auf und bieten Euch in einem kleineren Rahmen Live-Musik, Kinderfest, Sportliches und vieles mehr.

Wir würden uns besonders freuen, wenn möglichst viele an der Gesprächsrunde "Friedensbewegung und Bürgerkrieg in Jugoslawien" am Sonntag teilnehmen könnten."




Von diesem elften Friedensfest gab es am 1.9.92 einen Zeitungsbericht:

Bunte Fiedensfest-Mischung

Viele Besucher - Musik und Bauchtanz, Kinderfest und Gesprächsrunde

Lunestedt (Samtgemeinde Beverstedt). Die Friedensinitiative Lunestedt (Filu) hatte am Wochenende zu ihrem elften Friedensfest eingeladen. Trotz des schlechten Wetters konnte man hohe Besucherzahlen verzeichnen. Ein buntes Programm, besonders auf musikalischer Ebene, begeisterte die Gäste des Lunestedter Friedensfestes.

Die Beverstedter Rock-AG sowie die Gruppen "Sturmflut" und "Cocktail" sorgten an den beiden Tagen für ein ausgewogenes Musikprogramm. Zusätzlich faszinierte "Zena" am Sonnabend die knapp 200 Besucher mit ihrer Vorführung des spanisch-arabischen Bauchtanzes.

Doch auch schon am Nachmittag war im Festzelt, das in diesem Jahr etwas kleiner ausgefallen war und das man vollkommen in die Lunestedter "Wildnis" verlegt hatte, volles Programm angesagt. Ein Kinderfest mit Drachenbau und Gipsarbeiten, ein Ton-Steine-Workshop, bei dem unter anderem getöpfert werden konnte, und ein Volleyballturnier banden die Besucher in ihre Aktivitäten ein. ihren Hunger konnten diese dann anschließend an einem reichlichen Kuchenbüfett stillen.

Am späten Nachmittag fand der alljährliche Friedenslauf statt. Auf der 5000-Meter-Strecke war Rolf Pahlke in der Zeit von 20 Minuten 39 Sekunden erfolgreichster Läufer. Rüdiger Härtel bewältigte die 10 000-Meter-Strecke als Schnellster in 39 Minuten und 45 Sekunden. Insgesamt hatte es aufgrund des Wetters nur etwa 30 Teilnehmer gegeben, in vergangenen Jahren war ungefähr die doppelte Anzahl an Läufern angetreten.

Um das Thema "Friedensbewegung und Bürgerkrieg in Jugslawien" ging es schließlich in einer Gesprächsrunde am Sonntagmorgen, zu der sich etwa 25 Personen eingefunden hatten. Unter freiem Himmel diskutierte man über die weiteren Zielsetzungen und das zukünftige Verhalten der Friedensinitiativen in Bezug auf den Krieg.
Stei



Nicht nur der Ort und die Größe des Zeltes waren anders - das Programm endete auch schon am Sonntag gegen 14 Uhr. So stand es auf der Einladung. Die Zeit der Friedensfeste war vorbei. Aber nicht die Zeit der FILU. Sie stellte sich am 6. Oktober 1991 zur Gemeinderatswahl.


FILU
dir dritte Kraft im Gemeinderat

war ein Wahlaufruf überschrieben.

"Die Friedensinitiative Lunestedt (FILU) stellt sich das erste Mal mit 8 parteilosen KandidatInnen zur Wahl des Gemeinderates.
Die Friedensinitiative Lunestedt ist der Meinung, daß die Politik Lunestedts nicht nur von der CDU und der SPD bestimmt werden darf. Sie fordert eine dritte Kraft im Gemeinderat.
Seit über 10 Jahren leisten wir nicht nur aktive Friedensarbeit. Der Bereich Ökologie nimmt seit langem einen wichtigen Platz in unserer Politik ein. Hinzu kommen weitere Themen, mit denen wir uns befassen und den Lunestedter Bürgern und Bürgerinnen in einem Wahlprogramm vorstellen wollen."

Filu-Team 91
Die Kandidaten der FILU 1991 (von links): Cornelia Widmer, Jörn Krankenberg, Marco Bergob, Marlies Peters-Thoden, Dieter Peppel, Wolfgang Erven, Karin Andersen, Florian Kroisandt

Im Wahlprogramm wird auf folgende Themen eingegangen:
Friedenspolitik (u.a. Aufstellung eines Schildes "Lunestedt Atomwaffenfreie Zone", Ausstieg aus Verbindungen mit Banken und Sparkassen, die im Rüstungsexportgeschäft tätig sind),
Ökologie,
Energiepolitik (Bau von Windkraft- und Biogasanlagen, Warmwasser auf dem Turnhallendach, Freibad nachts abdecken),
Grundwasserbelastung,
gesundheitsgefährdende Baustoffe (in Schule, Kindergarten und Turnhalle),
Sport und Kultur,
Sport (Leichtathletikanlage, Unterstützung der Vereine bei Anschaffung von Bussen),
Kultur (Bildung eines Kulturausschusses, Fahrten zu Veranstaltungen mit gemeindeeigenem Kleinbus),
Natur- und Landschaftsschutz,
Abfall (Gebührenhöhe nach tatsächlicher Müllmenge, getrennte Müllsammlung),
Kinder und Jugend,
Kindergarten (Rechtsanspruch auf einen Platz, dritte Gruppe),
Kinderladen (Betreuung ab 1 1/2 Jahren, mit Mittagessen, Betreuung bis 14 Uhr),
Volle Halbtagsschule,
Jugend (offene Jugendarbeit, hauptamtlicher Jugendpfleger, Integration von Asylbewerbern),
Straßen und Verkehrspolitik (stündliche Zugverbindung, Fahrräder in Zügen, Tempo 30 in Lunestedt, Fahrradweg nach Hollen und Deelbrügge)

Die Filu bekam 386 Stimmen (zum Vergleich: Manfred Müller 391, Claus Götjen 1393, Manfred Woltmann 110). Jörn Krankenberg wurde Mitglied im Gemeinderat, ab 9/94: Marlies Peters-Thoden).

Ab 1996 wurde Cornelia Widmer Mitglied im Gemeinderat, ab 2001 Lothar Müller.


Bei der Wahl 1996 gab es einen Eklat um ein Flugblatt der CDU, das in Lunestedt verteilt wurde:

Hundeflugblatt
Quelle: privat/w


Die Diskussion über diese Karikatur ging deutlich über Lunestedts Grenzen hinaus. Die Nordsee Zeitung schrieb:

Lutz (SPD) kritisiert CDU-Flugblatt
Kreis Cuxhaven. Scharfe Kritik an einem Flugblatt der CDU in Lunestedt hat der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Wolf-Dieter Lutz, gestern geübt. Auf dem Flugblatt werden die Minderheitengruppen im Gemeinderat als rote, grüne und Friedens-Hunde karikiert.
Lutz bezeichnete die Darstellung als "unanständiges Nachkarten" nach der Kommunalwahl. In seiner Tendenz baue es eine Feindhaltung zwischen den demokratisch gewählten Fraktionen auf, die fraktionsübergreifend arbeiten sollten. Das Flugblatt habe nun aber eine Zusammenarbeit für lange Zeit unmöglich gemacht.
Lutz geht davon aus, daß auch der CDU-Kreistagsabgeordnete und Lunestedter Bürgermeister Klaus Götjen das Flugblatt mit zu verantworten hat. Götjen habe als Vorstandsmitglied seiner Fraktion im Kreistag gerade mit den Grünen und der SPD auf Kreisebene ein Abkommen zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit ausgehandelt. Lutz: "Mit diesem ehrenrührigen Flugblatt hat er sich als Person und Partner stark diskreditiert, wenn er sich nicht von dem Blatt distanziert."
Quelle: privat/w




Götjen entschuldigte sich - auch darüber berichtete die NZ:

Götjen (CDU) entschuldigt sich fürs Bild
Kreis Cuxhaven. Für das in Lunestedt kursierende CDU-Flugblatt übernimmt Bürgermeister Claus Götjen die volle Verantwortung. Wenn der SPD-Kreisfraktionsvorsitzende Wolf-Dieter Lutz eine Zusammenarbeit deshalb als schwierig erachte, sei er jedoch bereit, sich öffentlich für das Flugblatt zu entschuldigen.
Wie berichtet, hatte Lutz scharfe Kritik an einer Darstellung geübt, mit der die Minderheitsgruppen im Gemeinderat als rote, grüne und Friedens-Hunde karikiert werden. Götjen räumt ein, daß das Flugblatt mit Sicherheit von vielen Bürgern kritisiert worden sei, nicht aber von den betroffenen Fraktionen. Im Gegenteil hätten die Grünen die karikierten Hunde sogar als Symbol eines Antrags im Rat benutzt.
Er, Götjen, könne auch nicht nachvollziehen, warum sich Lutz mit einem Flugblatt beschäftige, das ausschließlich Lunestedter Belange behandele. Auch müsse man keine besonderen Empfindsamkeiten zeigen, wenn auf wiederholte Angriffe der SPD gegen den Bürgermeister eine Gegenreaktion erfolge.
Quelle: privat/w





Und in der ersten Gemeinderatssitzung hatte es noch ein Nachspiel:

Filu- und Bündnis90/Grüne-Info 1-96 vom 22.11.96

Bleibt der Bürgermeister von gelber Karte unbeeindruckt?

Nachrichten aus dem Ratsstadion:
FILU+Bündnis 90/ Die Grünen plädieren für "fair play".
Mit ihrer "Danksagung" an die Wähler ließ sich die CDU-Mannschaft unter der Regie ihres Kapitäns C. Götjen im Eifer des politischen Wettkampfes zu einem üblen Foulspiel hinreißen. Das heftige Nachtreten trotz einer 7:6-Ratsführung kam aber bei den Zuschauern schlecht an. Die Pfiffe von den Rängen erklangen kreisweit, es gab zahlreiche Proteste, auch aus der eigenen Fankurve. Die Presse berichtete mehrfach hierüber.
Am ersten Sitzungstag war daher das Ratsstadion mit mehr als sechzig Personen völlig ausverkauft. Die ZuschauerInnen warteten auf eine Erklärung oder eine öffentliche Entschuldigung des CDU-Teamchefs.
Nach seiner Wahl zum Bürgermeister verwies C. Götjen nur auf eine Pressemitteilung, die am nächsten Tag veröffentlicht werde. Das löste dann doch Unverständnis und Unmut bei zahlreichen BürgerInnen aus. Anscheinend hiervon unbeeindruckt zeigte dieser den ZuhörerInnen die kalte Schulter, indem er sich zweimal einer geforderten Bürgerfragestunde entzog. Entsprechende Anträge der Opposition wurden mit Hilfe seiner Mannschaft sehr zum Unmut der ZuhörerInnen abgelehnt.
Lautstark erteilten ihm zahlreiche LunestedterInnen hierfür die gelbe Karte. 25 Minuten dauerte der Streit, ob BürgerInnen für 15 Minuten Fragen stellen dürfen. Aus den Reihen der CDU war nur ein Mandatsträger [bereit (ergänzt durch den Chronisten)], den BürgerInnen zuzuhören.
Dieses wiederholte unsensible Verhalten. und die Mißachtung der BürgerInnen durch die Mehrzahl der CDU-Ratsleute ist für mich der eigentliche Skandal und nicht diese niveaulose Flugblatt-Karikatur.
Die FILU und Bündnis 90 /Die Grünen werden hiervon unbeirrt weiter für ein "fair play" in der Politik werben. Unser Ziel bleibt ein offensiver, direkter Ideenwettstreit mit sachbezogener Arbeit.
von W. Dieck
Thema "CDU-Danksagung":
Ratsfrau C.Widmer auf der konstituierenden Ratssitzung:
"Einer der Gründe, Bürgermeister Götjen nicht wiederzuwählen, ist der Inhalt der 'Danksagung' der CDU (Hundekarikatur) an ihre Wähler. Mit diesem Flugblatt wurde das Demokratieverständnis vieler BürgerInnen verletzt. Es wurde erschreckend unsensibel mit den Gefühlen der Menschen umgegangen, die während des Nationalsozialismus gelebt, gelitten und Angehörige verloren haben. Viele brachten den Inhalt des Flugblattes mit dem Umgang und der Verfolgung der Nazis gegenüber ihren politischen Gegnern in Verbindung. Wir hoffen, daß die CDU die Reaktionen der BürgerInnen ernstnimmt, versteht und sich konsequenterweise öffentlich von dem Flugblatt distanziert."
Quelle: privat/w




Zurück zur Startseite