Bearbeitungsstand: 08.11.2008
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Geschichte des Rittergutes Freschluneberg und seiner Besitzer

(von der Altenteilerin des Hofes Müller, Mathilde Müller, nach Unterlagen des verstorbenen Ortsheimatpflegers von Beverstedt, Hans Mindermann)

Olden Lunebargen, heute Altluneberg, war seit alters her der Erbbesitz der Herren von Luneberg. Sie bauten im nördlichen Zipfel der Börde Beverstedt ein festes Haus, eine Burg, um sich gegen bewaffnete Überfälle schützen zu können. Eine Flurbezeichnung (de Borgsteer, an der Lune, Hof Allers/vorher Tiedemann) könnte ein Hinweis dafür sein, ist aber nicht belegbar. Ob an diesem wichtigen Luneübergang mit einer Zollstelle immer Familienangehörige dieses Uradelsgeschlechtes gelebt haben, oder ob das Gut durch Verwalter bewirtschaftet wurde, wissen wir nicht.
Eines ist sicher: dass Heineke von Luneberg mit seiner Familie mindestens seit 1579 in Freschluneberg seinen Adelssitz hatte. Dies zeigt uns die Erwähnung in der Milizrolle des Gerichts Beverstedt. Aus dem um 1600 von Heineke von Luneberg in Freschluneberg angelegten Hausbuch können wir ersehen, dass er um diese Zeit ein neues Gutshaus gebaut hat. Er schreibt, dass das alte Haus im Ort gestanden hätte. Ebenfalls wird sein ältester Sohn Christoffer von Luneberg mit aufgeführt, der uns auch aus dem Hexenprozess von 1607 bekannt ist.
Im "Meierregister der Herren von Luneberg aus dem Jahre 1603" (von Hans Mindermann, o.J., als Manuskript kopiert) sind für "Freischen Lunenbergen" (Freschluneberg) aufgeführt: Annecke Christoffers, Wyerdt Hoppen, Heinrich Tilemann, Heinrich Segelken, Daneel Jeger, Johan S Papen (=des Papen Sohn), Johan Stoers, Alecke Wölcken, Heinrich Möleman, Harbordt S Papen (= des Papen Sohn), Johan Milden, Lüer Struß, Hinrick Schotte, Carsten Schriver, Alberdt Roes und Heinecke Wittenpennigh. In "Westerbeverstede" sind verzeichnet: Heineke Roges, Dirick Milden, Christine Duliß, Witzsche Witzschen, Otto Brünies, Arendt Seebecken, Hohan Hülsebergh, Hinrick Brickwedell, Johann Buttelman, Clawes Kicke und Catrine Tveidtmans.
Das Uradelsgeschlecht derer von Luneberg war das wichtigste Adelsgeschlecht in der aus sieben Kirchspielen mit 45 Dörfern bestehenden großen Börde Beverstedt. Der erste uns aus dieser Familie bekannt Adelige ist Erpo von Luneberg (1257 - 1307) Seit 1194 ist dieses Geschlecht in Altluneberg nachzuweisen. Unter seinem Sohn Erpo II teilte sich die Familie in drei Familienzweige. Seit der Zeit kennen wir eine Familie von Luneberg-Bicker, eine andere de Bicker und eine dritte nannte sich weiter von Luneberg. (Das "von" war zur damaligen Zeit noch kein Adelsprädikat, sondern eine reine Herkunftsbezeichnung.)
Das Gut unweit Beverstedts - in ältester Zeit zum Unterschied von Alt-Luneberg der fresische Luneberg genannt - war Besitz derer von Luneberg auf Altluneberg. Wahrscheinlich ist der Ortsname Freschluneberg davon abgeleitet. Mit dem Bau eines Wohn- und Wirtschaftshofes durch Heineke von Luneberg wurde es ein selbständig bewirtschaftetes Gut.
Anfang März 1609 starb in Freschluneberg Heineke von Luneberg. Sein ältester Sohn Christoffer übernahm die Führung des Gutes. Ihm wurde das Richteramt der Börde Scharmbeck angetragen. Er verweigerte aber die Annahme und schlug für dieses Amt seinen jüngeren Bruder vor, der auch bereit war, es anzunehmen. Johann von Luneberg wurde 1609 als Richter der Börde Scharmbeck vereidigt. (Richter der Börde Scharmbeck waren Erich von Luneberg von 1469 - 1503, Reineke von Luneberg von 1503 - 1509, Notake von Luneberg von 1509 - 1516, Cordt von Luneberg von 1516 - 1518, Christoph von Luneberg von 1518 - 1534, Melchior von Luneberg von 1534 - 1559, Balthasar von Luneberg von 1559 - 1575, Heineke II. von Luneberg von 1575 - 1609 und Johann von Luneberg von 1609 - 23.3.1641.)
Richter der Börde Beverstedt war zur gleichen Zeit Lüder de Bicker. Nach dessen Tod im Mai 1618 wurde am 31. Mai 1618 Johann von Luneberg zum Erbrichter der Börde Beverstedt gewählt. Am 23. März 1641 verstarb Johann von Luneberg in Freschluneberg und wurde wie alle Vorfahren in der Bestattungsgruft vor dem Altar der Beverstedter Kirche beigesetzt. Er war der letzte männliche Nachkomme dieses alten Adelsgeschlechts. Er hinterließ zwei unmündige Töchter. Frede Ilse, die später den Edelmann Christoph Lütken heiratete und diesem die großen Familienbesitzungen in Altluneberg mit in die Ehe brachte, war die eine. Elisabeth Wolbrich von Luneberg, die andere Tochter, war beim Tode ihres Vaters ein Jahr alt und bekam später das Rittergut Freschluneberg vererbt. Sie heiratete Caspar Heinrich von Krough. Diese Familie übernahm auch den mit Wappen und Schnitzereien ausgeschmückten Kirchenstuhl und die Familiengruft in der Beverstedter Kirche. Von Kroughs in Freschluneberg hielten sich aus dem damals in der Börde Beverstedt entbrannten Streit um die Erbrichter nachfolge heraus und kümmerten sich intensiv um die Bewirtschaftung ihres Rittergutes. Ihnen wurden zwei Söhne und zwei Töchter geboren.
Am 27. Dezember 1691 heiratete die 22-jährige Catharina Maria von Krough den Leutnant Hans Siefert von der Wisch, Angehöriger einer alten Bremer Ritterfamilie. Das Ehepaar übernahm das Staatsgut Beverstedtermühlen in Verwaltung. Sie kauften für ihren ältesten Sohn Caspar Heinrich das Rittergut Bilohe mit drei an das Gut bemeierten Bauern im heutigen Kreis Osterholz. In Freschluneberg starb am 25. Juni 1697 der Junker und Erbgesessene Caspar Heinrich von Krough. Seine Frau führte das Gut weiter bis zu ihrem Tode am 6. Dezember 1718. Erbe und Nachfolger wurde Kapitän Christoph von Krough, der mit seinem Gut am 4. Juni 1720 in die Bremer Ritterschaft aufgenommen wurde. Ein Angehöriger der Bremer Ritterschaft hatte Sitz und Stimme auf den Landtagen des Erzstiftes Bremen, somit unterstand er nicht mehr der örtlichen Gerichtsbarkeit.

Gut Freschluneberg 18. Jhdt.
(Foto: Georg Müller)

Am Karfreitag 1725 schlug ein Blitz in das Gutshaus, das bis auf die Grundmauern niederbrannt. Von Krough, seine Frau Sabine Maria und die ledige Schwester ziehen von Freschluneberg fort zu ihrem jüngsten Neffen, Hans von der Wisch auf Beverstedtermühlen. Der ältere Neffe, Caspar Heinrich von der Wisch, zieht nach Freschluneberg und erbt später dieses Gut. 1744 heiratete er Christine Elise von Rohden vom Rittergut Holte im benachbarten Amt Stotel. In Freschluneberg starb Caspar Heinrich von der Wisch am 13. Oktober 1773 und hinterließ das Gut seinem jüngsten Sohn Eibe Siade Johannes von der Wisch. Der war verheiratet mit Christiane Friedericia Sophie von Viereck vom Gut Schwanewede.
Von der Wisch erlebte mit seinem Gut in Freschluneberg die schwere Zeit nach 1800, in der neben anderen Gütern auch das alte Rittergut Freschluneberg einen finanziellen Einbruch hatte. Er vermachte seinem jüngsten Sohn, dem Major Caspar Heinrich von der Wisch das Gut Freschluneberg, der damit am 9. November 1825 in die Bremer Ritterschaft aufgenommen wurde. Nach der Übernahme merkte er schon bald, dass das Gut nicht zu halten war, und bot es 1833 zum Verkauf an. Es wurde ausgewiesen mit 77 Morgen Feldländereien, ohne das erhebliche Neuland, 135 Morgen Wiesenländereien und in der Westerbeverstedter Gemeinheit Weiden für 400 bis 500 Schafe. Dazu ein erheblicher Waldbesitz beim Bardel und in der Abelhorst; und was das Wertvollste war und die Grundherrschaft ausmachte, das waren der Frucht- und Schmalzehnte in Freschluneberg und Westerbeverstedt. "welche beide sich selbst fahren und in der Zehntscheune abgeladen werden müssen, und in den letzten Jahren für jährlich 900 Reichstaler verpachtet gewesen sind". Dazu kamen noch eine beträchtliche Anzahl an das Gut bemeierter Bauern, die an jährlichen Gefällen 212 Reichstaler und 6 Gutegroschen zu zahlen hatten. Dazu kämen noch Kornabgaben, 184 Zinshühner und ein einjähriges Zinsschwein. Neben kleinen anderen Rechten gehörte zum Gut die Koppeljagd in der ganzen Börde Beverstedt und in der Gemeinde Hollen. Wir sehen aus dieser Angebotsaufstellung, daß es sich um einen ganz beträchtlichen Wert handelte. So ist es denn auch wohl kein Wunder, daß sich kein zahlungskräftiger Käufer fand.
Erst 1837 kam es zum Verkauf des Gutes für 40.000 Reichstaler an den Oberst Hinrich Karl von Rettberg aus Stade. Von Rettberg zog mit seiner Familie aber nicht nach Freschluneberg. Für ihn verwaltete das Gut Peter Roes, ein Großonkel der Familie Roes in Freschluneberg. Von Rettberg starb als Generalmajor am 5. November 1844 in Stade. Sein Sohn und Erbe, der Oberst Wilhelm von Rettberg verkaufte das Gut am 1. September 1847 für 27.500 Taler an Johann Friedrich Müller aus Fischerhude. Diese Familie war seit mindestens 1600 in Fischerhude als Wassermüller und Vollhöfner ansässig. Dem Sohn Johann Friedrich übergaben die Eltern das Gut in Freschluneberg. Das Gutshaus in Freschluneberg war mit 192 Fuß Länge (=55,68 m) und 45 Fuß Breite (= 13 m) eines der größten Niedersachsenhäuser in der damaligen Provinz Hannover. Müller wurde Vertreter der Landstände in der 2. Kammer des damaligen Königreichs Hannover und setzte sich sehr für die Belange der hiesigen Bevölkerung ein. Auch der Flecken Beverstedt richtete an ihn, vor dem Eisenbahnbau Bremen-Geestemünde, mehrere Bittschriften, damit er sich für eine Linienführung der Eisenbahn über Beverstedt einsetzen möge.
Müller fand ein sehr heruntergekommenes Gut vor. Mit großer Anstrengung brachte er dieses wieder in Ordnung. So konnte er bereits am 1. Mai 1864 von Claus Döscher in Deelbrügge dessen Vollhof mit Wassermühle kaufen, den er seinem ältesten Sohn Friedrich übergab. Johann Friedrich Müller war in erster Ehe mit seiner Cousine Marie Elisabeth Krüdener aus Rutenmühle verheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder, die Söhne Friedrich und Georg. Seine erste Frau starb schon 1862, und er heiratete in zweiter Ehe Charlotte Meyer aus Mahlen bei Eystrup. Aus dieser Ehe gingen ebenfalls zwei Söhne hervor, Rudolf und Heinrich. Sohn Georg übernahm das Gut Freschluneberg. Die erheblichen Abfindungen an seine Brüder brachten einen wirtschaftlichen Einbruch für das Gut. Johann Friedrich Müller war als Gutsherr einer der drei Vertreter der Grundbesitzer der Bremischen Geest und des Herzogtums Verden sowie Mitglied der 14. Allgemeinen Ständeversammlung des Königreiches Hannover. Rudolf Müller wurde übrigens praktischer Arzt und arbeitete als leitender Chirurg des Kreiskrankenhauses des Hartmannstiftes in Vegesack.
Heinrich, der jüngste der vier Söhne wurde trotz des Besuches eines Gymnasiums Landwirt. Er bewirtschaftete mehrere Güter und kaufte 1913 von Dr. Otto Nölke das Gut Wachholz. 1927 verkaufte er Gut Wachholz an Reinhold Seume. Für sich und seine Familie hatte er in Wachholz auf dem Berg an der B 71 ein Privathaus gebaut, wo er am 23. Juni 1944 gestorben ist.
Georg Müller in Freschluneberg übernahm 1888 die "Fischerhuder Erbschaft"; die dortige Wassermühle, die sich seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Müller befunden hatte. Da sein Bruder Friedrich in Deelbrügge verzichtete, übernahm er die Erbschaft allein, musste aber dafür 20.000,- Mark bezahlen. Verheiratet war er mit Mathilde Müller aus dem Jeverland, Tochter des Domänen-Pächters Müller aus Funnixerriege.

Gut Freschluneberg März 1899
(Foto: Georg Müller)

Nach dem Tod von Georg Müller 1922 waren die Kinder noch nicht volljährig. Bis zur Volljährigkeit des Sohnes Heinz übernahm Heinrich Müller aus Wachholz die Betriebsführung. Große Teile des Gutes musste Heinz Müller 1926 zur Abfindung seiner Geschwister abgeben. Heinz Rudolf Müller war verheiratet mit Hermine Schmidt, Tochter des Kaufmanns Reinhard Schmidt aus Bremen. Dieser Ehe wurden zwei Kinder geschenkt: Georg (1931) und Hans (1935). Nach dem frühen Tod seiner Frau (1950) heiratete Heinz Müller 1954 die Witwe Hilde Johanne Wibbeler, geb. Fischer aus Bremerhaven (Tochter des Kaufmanns Georg Friedrich Fischer). Hilde Müller brachte eine Tochter aus erster Ehe mit nach Freschluneberg. Sie verstarb 2005. Heinz Müllers Sohn Georg hatte die Führung des Hofes schon übernommen (als Pächter am 1. Juli 1962), als sein Vater am 23. November 1962 verstarb. Bis zu seinem Tode war er Verbandsvizepräsident des Landesverbandes ländlicher Genossenschaften, außerdem im Aufsichtsrat der Genossenschaften in Hannover und Bürgermeister der Gemeinde Freschluneberg.
Georg Müller heiratete am 1. September 1962 Mathilde geb. Lührs, Tochter des Bauern Karl Lührs aus Loxstedt. Sehr bald spezialisierten sich Müllers auf reine Milchviehhaltung. Hans Müller, der Bruder von Georg, wurde Jurist in Hamburg und durch Landverkauf vom Hof abgefunden. Von den Kindern Frauke, Esther und Steffen führte Steffen den Hof seit 1991. Er bewirtschaftet mit seiner Frau Sonja geb. Thormann aus Westerbeverstedt (Heirat am 26. Juni 1993) den Hof als reine Milchviehwirtschaft. 2001 entschlossen die beiden sich auszusiedeln und bauten einen modernen Kuhstall am Heudamm (heute Bahnhofstr. 46 a). 2003 wurden die Tiere dorthin gebracht, und nach dem Verkauf der alten Hofstelle konnte im November 2006 der Grundstein für das neue Wohnhaus gelegt werden. Im April 2007 zogen Steffen und Sonja Müller mit ihren Kindern Till und Henrike sowie den Altenteilern Georg (gest. am 5. Mai 2008) und Mathilde ins neue Wohnhaus.

Heute wird die Hofstelle des Rittergutes Freschluneberg von Hinrich und Regine Wulf geführt, die mit ihrem Moorkieker-Pony-Gestüt 2006 aus Jade hierher zogen.

Weiter mit dem Umzug in den neuen Kuhstall

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